Mai 2, 2021

Schamlose Abzocke

Als ob Eltern in dieser schwierigen Zeit mit Lockdown, Homeoffice und Homeschooling nicht schon genug Probleme hätten, kommt auch noch eine weitere Hürde für einigermaßen erträgliches Leben hinzu. Wie schnell ein kostenfreies Computerspiel zur Abzocke wird, zeigt deutlich folgender Hilferuf, den wir von einem besorgten Großvater erhielten.

Verbraucherzentrale NRW

Ein zunächst kostenloses Computerspiel wird schnell zur Kostenfalle

Dieser Opa berichtet unserem Verein, dass er vor kurzem von seiner Tochter einen verzweifelten Anruf erhielt. Sie fragte ihn, was sie machen könne, weil ihr ihre Tochter, das Enkelkind Marie, mit einem Computerspiel auf dem Smartphone ziemliche Probleme mache:

Vergangene Woche läutete am späten Abend das Telefon. Es war meine Tochter Kathi, die mir sagte, ich solle mit meiner brüllenden Enkelin Marie (8) reden. Kathi sagte, dass diese schon wieder Geld von ihr wolle, sie hätte ihr erst gestern welches gegeben und habe gemeint, jetzt sei Schluss. Kathi erzählte mir dann von einem Spiel, bei dem man so schöne Dinge gewinnen könne. Sie brauche das Geld dringend.“

Dazu gibt er einen Kommentar ab, den wir weitgehend unterstützen können:  „Mit diesem Spiel, es handelt sich möglicherweise um „Fortnite“, werden Kinder verführt, missbraucht und süchtig gemacht. Es sollte sofort verboten und gesperrt werden.“ Er bat uns noch, dass er sich freuen würde, wenn darüber ein Bericht auf unserer Website eingestellt wird, damit andere Eltern gewarnt werden und nicht erst in eine solche Konfliktsituation geraten. Allerdings muss ergänzend hinzugefügt werden, dass achtjährige Mädchen, wie im vorliegenden Fall, eher Games wie „Taonga Inselfarm“ spielen, statt des Ballerspiels „Fortnite“.

Gerade jetzt in Zeiten des verschärften Lockdown ist die Gefahr besonders groß, dass sich Kinder mit solchen Spielen auf dem Smartphone oder Computer stundenlang beschäftigen und dabei auch noch auf Kosten der Eltern „verführt“ werden.

Suchtpotential bei Spielen wie „Fortnite“

Da sich unser Verein auch die Verringerung von Mediensucht im Fokus hat, haben wir genau recherchiert und sind auf aktuelle Informationen gestoßen:

Unter diesen Spielen, mit denen schamlose Abzocke betrieben wird, scheint wohl für etwas ältere Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren „Fortnite“ weiterhin der Favorit zu sein. Theoretisch kostenlos, aber innerhalb des Spiels wird zum Kauf von kostenpflichtigen Upgrades animiert:

Dabei geben Kinder und Jugendliche immer mehr Geld aus, was oft bis zu 1000 Euro führen kann.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie der DAK werden für die zunehmende Computerspielsucht belastbare Belege geliefert: https://www.dak.de/dak/download/dak-studie-gaming-social-media-und-corona-2296454.pdf 

Im Rahmen der Studie wurden 824 Elternteile bzw. Erziehungsberechtigte und jeweils ein zugehöriges Kind im Alter von 10 bis 18 Jahren nacheinander befragt. Rund 90 Prozent der Jugendlichen in Deutschland lieben demnach Computerspiele. Vor allem kostenlose Games wie „Fortnite“ sind aktuell besonders geschätzt. Der Haken: Die Spiele sind zwar zunächst kostenlos („free to play“), animieren aber zu Käufen innerhalb des Spiels.

Zitat:

„Seit Jahren untersucht die DAK-Gesundheit die Onlinenutzung von Kindern und Jugendlichen. In Zeiten von Corona haben wir noch einmal genauer hingeschaut. Die ersten Zwischenergebnisse unserer neuen Studie „Mediensucht 2020“ sind alarmierend. Nach dem ICD-11 Schlüssel ist das Gaming bei fast 700.000 Kindern und Jugendlichen riskant oder pathologisch. Ähnlich problematisch ist die Nutzung von Social-Media. Die Covid-19-Krise kann die Situation zusätzlich verschärfen. Im Lockdown sind beim Gaming die Nutzungszeiten werktags nochmals um 75 Prozent angestiegen. Viele Spieler wollen so der Realität entfliehen oder Stress abbauen. Das sind erste Warnsignale, dass sich die Computerspielsucht durch Corona ausweiten könnte. Die DAK Gesundheit reagiert darauf frühzeitig mit einer breit angelegten Präventionsoffensive.“

(Mediensucht 2020 – Gaming und Social Media in Zeiten von Corona).

Dr. Rudolf Weiß

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