Kinder – Mediengewalt https://www.mediengewalt.eu Thu, 13 Jun 2024 20:55:07 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.5.3 Rezension zu „Wir verlieren unsere Kinder“ von Silke Müller https://www.mediengewalt.eu/rezension-zu-wir-verlieren-unsere-kinder-von-silke-mueller/ https://www.mediengewalt.eu/rezension-zu-wir-verlieren-unsere-kinder-von-silke-mueller/#respond Thu, 13 Jun 2024 20:49:18 +0000 https://www.mediengewalt.eu/?p=1074 Faktenbasierter Notruf an alle Erwachsenen, die sich hierzulande um die seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sorgen Das 2023 bei Droemer erschienene Buch der niedersächsischen Schulleiterin trifft den Nerv aller, die sich Sorgen machen, dass Kinder und Jugendliche mit den Gefahren bestimmter Inhalte der Social Media Plattformen überfordert sind und daran seelisch Schaden nehmen. Es […]

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Faktenbasierter Notruf an alle Erwachsenen, die sich hierzulande um die seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sorgen

Das 2023 bei Droemer erschienene Buch der niedersächsischen Schulleiterin trifft den Nerv aller, die sich Sorgen machen, dass Kinder und Jugendliche mit den Gefahren bestimmter Inhalte der Social Media Plattformen überfordert sind und daran seelisch Schaden nehmen. Es ist ein sehr praxisnahes Buch, worin die Autorin an Hand vieler Beispiele beschreibt, was Kinder und Jugendliche freiwillig oder auch unfreiwillig auf ihren Handys zu sehen bekommen. Diese Beispiele sind ein Blick in menschliche Abgründe, die nicht nur die betroffenen Schüler*innen sondern auch sie selbst und ihre Kollege*innen schockiert hat. Die ganze Wucht der Destruktivität, kriminellen Energie und Krankhaftigkeit dieser Inhalte werden eindrücklich beschrieben, so dass man sich als Leser wünscht, nie so etwas ansehen zu müssen. Und dennoch plädiert die Autorin gerade dafür, sich das als Erwachsener zuzumuten, um die Kinder zu verstehen und nicht alleine zu lassen. Sie nennt Beispiele von Tierquälerei, sexuellem Missbrauch an Kindern, Folterszenen, Hinrichtungen und Bloßstellungen, die alle in den meisten Fällen aus unbekannten Quellen auf die Handys ihrer Schüler*innen gelangt sind und dort vielfach weitergeschickt wurden. Frau Müller kommt dabei zugute, dass sie sich im Laufe der Jahre ein hohes Vertrauen bei den  Schüler*innen erworben hat, dass diese sich ihr trotz starker Scham und Betroffenheit anvertrauen. Die Kinder, die an ihrer Schule mit solchen Inhalten konfrontiert waren, sind zwischen 11 und 16 Jahre alt und alle Nutzer von Handys und Social Media Plattformen, die oft erst ab 13 Jahren zugelassen sind. Frau Müller plädiert am Ende ihres Buches sogar dafür Smartphones erst mit 14 Jahren Kindern anzuvertrauen und sie vorher in Elternhaus und Schule umfangreich auf den Umgang damit vorzubereiten. Dieser Forderung können wir uns als Verein nur anschließen. (Siehe unseren Beitrag über Telegram).

Cybergrooming und gefährliche Computerspiele: Kritische Analyse von GTA V und Jugendschutz

Die Autorin erweist sich auch als fachkundig im Bereich von Computerspielen und geht im Kapitel über Cybergrooming auf das Spiel GTA V ein, was ja ebenso wie die Vorgängerversionen von der USK mit dem Label 18 versehen wurde, statt es wie von unserem Verein oft gefordert, an die BzKJ zur Indizierung weiterzuleiten. Sie zitiert dann aus dem Spieleratgeber NRW, worin Handlungsoptionen dieses Spieles beschrieben werden, worunter neben zahlreichen Arten Figuren zu töten, auch den Auftrag gibt Figuren im Auftrag des FBI zu foltern (z.B. durch Elektroschocks). Das so ein Spiel nicht in die Hände von Jugendlichen gehört, versteht sich von selbst und wird sowohl von der Autorin, als auch unserem Verein gefordert. Dass dies aber trotz des Alterslabels USK 18 zahlreich geschieht, hat unser Vereinsmitglied, der Medienwissenschaftler Rudolf H. Weiß in seiner Studie von 2008 bereits nachgewiesen.

Nützliche Tipps für Eltern: Medienkompetenz und Schutzmaßnahmen für Kinder

Frau Müller schließt ihr Buch mit einigen vor allem für Eltern nützlichen Tips. Davon unterstützen wir als Verein vor allem die Aufklärung der Kinder über die Gefahren im Netz und den Social Media Plattformen, den medienfreien Tag und das Angebot der ständigen Gesprächsbereitschaft, wenn die Kinder mit einem Medieninhalt Probleme hatten, sowie die Wegnahme das Handys zur Nachtruhe. Was wir für unrealistisch halten, ist das Anlegen eigener Social Media Profile seitens der Eltern. Das ist zu zeitaufwendig und geht an den Bedürfnissen der Eltern vorbei. Auch das Selberspielen von PC Spielen seitens der Eltern (Mindestens eine Woche!) halten wir für nicht notwendig und zu kostenintensiv. Sie müssten ja dann Spiele auf Probe kaufen und ggf. wieder zurückgeben, wenn es ungeeignet für ihr Kind wäre. Vielmehr würde es genügen, wenn die Eltern sich konsequent an die USK Altersgrenzen halten und überprüfen, ob die Kinder nicht altersgemäße Spiele heimlich heruntergeladen haben. 

Effektive Strategien: Social Media-Sprechstunden und umfassende Medienbildung an Schulen

Modellhaft für die gesamte Republik ist der Vorschlag der Autorin Social Media- Sprechstunden an allen Schulen einzurichten, wie sie das an ihrer Schule bereits seit einiger Zeit mit Erfolg praktiziert. Auch alle anderen Vorschläge von Frau Müller für die Schulen, wie z.B. das Thema der kindlichen Mediennutzung in den Elternversammlungen zu thematisieren und Lehrkräfte besser darin zu schulen, sind nachahmenswert. 

Dringender Appell für eine Kinderonlinewache gegen Online-Kriminalität

In einem Interview mit dem Cyberkriminologen Prof. Dr. Thomas Gabriel Rüdiger weist dieser drauf hin, dass sich zunehmend mehr kriminelle Aktivitäten im Netz abspielen und auch Jugendliche selber dabei zu Tätern werden können, wenn sie z.B. kinderpornografische Inhalte an Andere weiterleiten. Ein für Kinder und Jugendliche sehr hilfreicher Vorschlag des Medienkriminologen, ist die Einrichtung einer ganztägig besetzten Kinderonlinewache, wo sich Kinder per Videochat Hilfe holen können. Das sollte schnellstmöglich vom Familienministerium und dem Innenministerium umgesetzt werden.

Ich empfehle allen Eltern, Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen, Jugendpsychiater*innen und Psychotherapeut*innen sowie allen engagierten Menschen, die sich Sorgen um die Gefahren der Mediennutzung von Kindern machen, dieses Buch zu lesen. 

— Thomas Haudel

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