Am 27.10.2022 erschien in den Stuttgarter Nachrichten unter der Rubrik „Wissenswertes“ ein Artikel mit der Überschrift „Videospiele haben positiven Einfluss“. Dieser Artikel bezieht sich auf eine großangelegte Studie aus den USA, bei der Wissenschaftler zwei Probandengruppen in Problemlöseaufgaben miteinander verglichen. Die Ergebnisse wurden im „Jama Network Open“ veröffentlicht.
Auch der STERN in der Online Ausgabe und andere Pressedienste berichteten in ähnlichem Sinne, wobei der Hauptbezug die Pressemitteilung der AFP (Agence France Press) war.
Die Studie löste einen unglaublichen Presse-Hype aus, der fast eskalierte. Weil erstmals in dieser Studie nachgewiesen worden sei, dass eine Steigerung der Intelligenz durch Videospiele jeglicher Couleur belegt sei. Wir sind besorgt, dass viele Eltern, die unkritisch solche Meldungen aus der Presse entnehmen dann dazu neigen, das Zocken mit Video-Games ihres Kindes noch länger zuzulassen und es vielleicht sogar noch fördern. Denn wer will denn nicht, dass sein Kind durch Videogames sogar intelligenter wird.
Außerdem weisen wir nachdrücklich darauf hin, dass die durch viele Studien nachgewiesenen Zusammenhänge zwischen der Nutzung von Gewaltmedien und gewaltsamen Verhalten in keiner Weise widerlegt wurde. Außerdem stellt die angeblich nachgewiesene höhere Intelligenz keine Gewähr für prosoziales Verhalten der Probanden dar.
Lesen sie dazu den Kommentar des Medienpsychologen Dr. Rudolf H. Weiß, den der Vorstand des Vereins „Mediengewalt-Internationale Forschung und Beratung e.V.“ um einen kritischen Kommentar gebeten hat und diesen voll unterstützt.
Ich möchte dringend davor warnen, die Pressemeldungen zu dieser amerikanischen Studie mit einer angeblichen Intelligenzsteigerung bei Kindern durch Videogames ernst zu nehmen.
Dr. Rudolf H. Weiß, 03. November 2022
Dipl.-Psych. Weiß hat als Intelligenzdiagnostiker den Grundintelligenztest CFT für verschiedene Altersgruppen (CFT 1, CFT 1-R, CFT 20, CFT 20-R, CFT 3) und in verschiedenen Varianten erarbeitet und neu entwickelt. Diese Testfamilie gehört zu den am meisten untersuchten Intelligenzverfahren im deutschen Sprachraum.
Nutzerdaten und Konsequenzen für den Jugendmedienschutz
In dieser Nutzungsstudie aus dem Jahr 2014 untersucht Dr. Rudolf H. Weiß die Nutzung brutaler Computerspiele mit USK-Kennzeichen 18+ durch 14 Jährige. Konkret beziehen sich die Nutzerdaten aus dem Zeitraum 2008 bis 2013 auf die Computerspiele „Grand Theft Auto IV“, „Call of Duty – Modern Warfare 2“ und „Call of Duty – Black Ops 2“.
Dr. Weiß gibt seine Einschätzung zur Situation auf Basis der Ergebnisse wider und stellt wichtige Fragen zum Jugendmedienschutz und seiner Wirksamkeit, die auch im Jahr 2022 noch höchst aktuell sind.
Hier gelangen Sie zur Studie und den Ergebnissen:
mehrVon interessierten Kreisen wurde bei Ferguson eine kritische Stellungnahmen zur Untersuchung
„Media Violence and Youth Violence. A 2-Year Longitudinal Study“
von Hopf, Huber und Weiß (publiziert 2008 im Journal of Media Psychology) eingeholt und als Teil
von PR-Maßnahmen in der Gamer-Szene verbreitet.
Die drei Autoren der Längsschnittstudie haben dazu eine Stellungnahme geschrieben.
Eine neue empirische Studie von Whitaker und Bushman (Communication Research, April 2012) zeigt, dass jene Versuchsteilnehmer, die elektronische Gewaltspiele mit humanoiden Zielen spielten, beim anschließenden Schießen mit realen Waffen 99% mehr Kopfschüsse und 33% mehr andere Treffer erzielten als die Teilnehmer in anderen Versuchsgruppen. Dieser Effekt war stabil auch nach Berücksichtigung möglicher Erfahrungen mit Schusswaffen.